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Die Auheimer Löwin brüllt!

25 | 04 | 1999
„Miau! - Schnuppern Sie es nicht? Spüren Sie nicht die unheimliche Gefahr, den finsteren Plan geheimer Mächte? Wir Auheimer sollen verschwinden! Nun sagen Sie bloß, Sie hätten noch nichts bemerkt. Wann waren Sie denn das letzte Mal am Rochusplatz? Tasten Sie sich vorsichtig durch die Straßen und stellen Sie sich den Tatsachen. Jeden Tag schreitet das heimtückische Vorhaben weiter voran. Dabei fing doch alles so harmlos an: Mal wackelte hier ein Steinchen, mal hob sich da ein Straßenwacker aus dem Fahrbelag der Hauptstraße. Erste mahnende Stimmen wurden als Genörgel und Panikmache abgetan. Inzwischen aber gleicht die Straße einem Trichterfeld. Besonders der Rochusplatz lebt und verändert täglich sein Aussehen. Wie im richtigen Leben finden sich hier alle Höhen und Tiefen. Um das Volk in trügerischer Sicherheit zu wiegen, schmieren verschwiegene städtische Tiefbauer immer mal eine mysteriöse, schwarze Bitumenpampe auf das lädierte Pflaster. Alles nur oberflächliche, billige Tarnung. Auheimer, lasst Euch nicht täuschen! Bewahrt Euren klaren Blick! Es wird nicht mehr lange dauern, und der erste von uns stürzt in eine der heimtückisch angelegten Löwengruben rund um den Rochusplatz. Auheimer Bürger! Bildet Rettungstrupps. Haltet Fangseile, Karabinerhaken und Laufbohlen für den Notfall bereit, wenn sich die Erde ganz auftut und uns verschlucken will.
Und so werden wir Großauheimer stetig dezimiert, vereinnahmt, nicht mehr ersetzt. Jüngstes Beispiel: ein Großer Auheimer, der uneingeschränkte Leiter unserer Verwaltungsstelle, tritt demnächst in den Stand der Ruhe. Ein schwerer Verlust. Doch jetzt aufgepasst: ist irgendwo Ersatz in Sicht? Na? - Njet, nix, kaa bissi! ...wieder einer von uns weniger. Lücken werden nicht mehr aufgefüllt; siehe Hauptstraße. Ganz Böses steht uns noch bevor: Mein Schöpfer, der berühmteste Sohn unserer Stadt, August Gaul, soll Großauheim genommen werden. Hamburg und Berlin sind die Stationen der großen Gaul-Ausstellung 1999/2000. Angemessene Partnergemeinden unserer Heimatstadt. Doch jetzt kommts: Das Loblied auf den exzellenten Tierbildhauer wird nicht, wie es sich gehören würde, in Großauheim angestimmt. Nein, die Hanauer schmücken sich und ihr Schloss mit fremden Federn und der Gaul-Ausstellung. Jede Wette: auf den europaweit verteilten Ausstellungsplakaten wird riesengroß „Hanau“ stehen, aber Großauheim, die wahre Höhle der Löwen , bleibt mit Sicherheit unerwähnt. Mir ist zum Brüllen!
Eins steht fest: Wenn die städtischen Häscher kommen und mich für die Schaustellung einfangen wollen, haue ich ab. Mich kriegt keiner nach Phillipsruhe. Am Ende werde ich dort mit Testgemüse zur Landesgartenschau gefüttert oder der Magistrat will auf mir eine Runde reiten. Nein, da brüllt die Löwin!
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